Die Pandemie und die daraus resultierenden Maßnahmen treffen die Weltwirtschaft derzeit hart. McKinsey zeigt in einer Studie zwei mögliche Szenarien für die Zeit danach:
Im ersten Szenario „Delayed recovery“ führen nationale Ausgangsbeschränkungen, Einschränkungen der Reisetätigkeit und Kontaktsperren Mitte April zu einem Absinken der Infekte. Die Anzahl der Ansteckungen schwächt sich über den Sommer deutlich ab. Dank medizinischer Entwicklungen kann die zweite Welle im Herbst ohne weitere Quarantänemaßnahmen bewältigt werden. Ein starker Einbruch von Handel und Konsum begleitet uns bis ins vierte Quartal, ebenso wie ein starker Anstieg von Insolvenzen und Entlassungen. Die Wirtschaft schrumpft übers Jahr gesehen. Ab dem vierten Quartal sehen wir Zeichen der Erholung.
Das zweite Szenario geht davon aus, dass der Coronavirus seinen Peak erst Mitte Mai erreicht. Konsum und Handel leiden weitaus deutlicher und die Weltwirtschaft entwickelt sich vergleichbar zum Krisenjahr 2008-2009. Die Einschränkungen werden uns das gesamte Jahr 2020 begleiten, was zu einer stark ansteigenden Zahl von Insolvenzen und Entlassungen führen wird. Da die Banken ausreichende Kapitaleinlagen haben, wird der Finanzsektor allerdings stabil bleiben. Erst im Frühjahr 2021 wird die globale Weltwirtschaft Zeichen der Erholung zeigen.
Der Coronavirus hat die Lebensrealität von Verbrauchern und Unternehmen verändert. Für die Tech-Branche, die zusätzlich unter dem Produktionsrückstau aus China leidet, hat das Auswirkungen:
Der Online-Handel verzeichnet in einigen Bereichen eine Zunahme, vor allem die führende Plattform Amazon profitiert aufgrund eines breiten Sortiments und der Liefersicherheit von der Coronakrise. Der Boom betrifft freilich nicht alle Produkte: Nahrungsmittel, Tiernahrung oder Heimelektronik profitieren, während Kleider, tragbare Unterhaltungselektronik und alles, was mit Autos zu tun hat, derzeit Ladenhüter sind.
Besonders Tech-Start-ups sind von der Coronakrise betroffen. Aus einem einfachen Grund: Investitionsrunden finden in der Regel alle sechs bis acht Monate statt. Investoren werden aber in nächster Zeit sehr vorsichtig sein, Investitionen kürzen und eher bestehende Unternehmen als Neugründungen fördern.
Auch etablierte Unternehmen wie Airbnb oder Uber leiden unter der Krise, allerdings werden sie diese Krise trotz Umsatzrückgang als etablierte Marken wohl überstehen – zumindest die Unternehmen: Mitarbeiter, Vermieter und Fahrer trifft der Lock-Down empfindlich.
Weltweit beherrschen Sorgen um Jobs und die Wirtschaftsentwicklung die Debatten. Allein sechs Millionen Arbeitslose binnen einer Woche in den USA, eine bisher nie dagewesene Zahl. Und auch in Deutschland stehen bis zu einer Million Jobs auf der Kippe. Prognosen sind schwierig, aber viele Wirtschaftsexperten verweisen auf die Tatsache, dass die Wirtschaft vor Corona robust gewesen sei – es also nicht zwangsläufig zu einem „langen U“ oder gar „L“ kommen muss, wie die zwei Krisenszenarien in der Wirtschaft genannt werden, bei der nach einem steilen Abschwung kaum oder gar kein anschließender Aufschwung stattfindet.
Gleichzeitig sieht die Technologiebranche auch Chancen in der gegenwärtigen Krise. Auch der einflussreiche Gabor Steingart verweist in seinem “Morningbriefing” am 8. April 2020 auf die Krise als “Beschleuniger” mancher, gerade digitaler Entwicklung.
Wir wissen noch nicht genau, in welchem Ausmaß die Coronakrise die Tech-Industrie erfassen wird. Zu sehen war allerdings, dass wir von China abhängen – sowohl in den Lieferketten als auch für den Konsum unserer Produkte. Apple hat seine Umsatzziele im ersten Quartal 2020 bereits verfehlt – wie es weitergeht, bleibt ungewiss. In Deutschland leidet vor allem die schwächelnde Automobilindustrie, während SAP, eine Art digitaler Mischkonzern, sich profilieren kann. Die Unterbrechung der Lieferketten sind derzeit die größte Sorge im gesamten Industriesektor.
IT-Entwicklungsdienstleistungen sind ebenfalls betroffen: globale Technologie-Unternehmen, die ihre IT-Entwicklung nach Asien outsourcen, müssen jetzt feststellen, dass Home-Office beispielsweise in Indien sehr unüblich ist. Gleichzeitig kann es für strauchelnde Unternehmen derzeit attraktiver sein, outzusourcen statt anzustellen, nur eben mit Unternehmen in von der Pandemie weniger betroffenen Regionen außerhalb Asiens.
Gibt es auch gute Nachrichten? Ja! Die meisten Regierungen, auch hier in Europa, stemmen sich mit aller Macht gegen den wirtschaftlichen Abschwung. Technologische Fortschritte, die helfen können, ein ähnliches Szenario wie jetzt zu vermeiden, werden vermutlich mit großen Investitionen unterstützt – von Smart City-Initiativen bis hin zu Plattformen, die das Katastrophenmanagement vereinfachen und bei der Vermeidung solcher Situationen helfen. Auch IoT-Projekte und Virtual Reality werden im Fokus einiger Branchen stehen, um sich unabhängiger von der analogen Welt zu machen.
Kurzfristig profitieren Anbieter für E-Learning, Teleconferencing und Cloud Computing sicherlich am meisten.
Klar ist jedoch, dass es gute Rezepte aus der „Technologie-Küche“ gibt, um den vielleicht noch monatelangen Kampf gegen die Pandemie einigermaßen unbeschadet zu überstehen.