Wir alle fahren Auto. Stellen Sie sich vor, das Armaturenbrett Ihres Autos zeigt Ihnen einen unbekannten Alarm an. Was würden Sie tun? Die klassische Reaktion wäre, in einer mehrseitigen Bedienungsanleitung zu blättern oder einen Mechaniker anzurufen... oder es vielleicht sogar zu ignorieren. Aber gibt es etwas, das sicherer und bequemer ist? Ja, nämlich die Kamera Ihres Smartphones: Halten Sie diese vor den Alarm und Sie erhalten sofort eine Antwort. Erweiterte Realität (engl. augmented reality, kurz AR) macht dies möglich, indem es Objekte und Ereignisse der physischen Welt um Daten und Grafiken erweitert.
Nicht nur Autobesitzer profitieren von AR, sondern die gesamte Automobilbranche: Augmented Reality bringt neue Möglichkeiten bei jedem Schritt in der Prozesskette. Sie hilft bei der Fertigung und Inventarisierung, unterstützt Techniker bei der Fahrzeugwartung und optimiert die Systeme für ein besseres Fahrerlebnis. Erfahren Sie, wie die Automobilindustrie von AR-basierten Lösungen profitiert.
AR kann Lösungen über mehrere Modalitäten hinweg um robuste Funktionen erweitern – visuell, auditiv, haptisch, somatosensorisch und olfaktorisch. Im Automobilsektor überwiegen die visuellen Formen der erweiterten Realität – über Bildschirme oder Brillen. So wird AR im Automobilbereich beispielsweise dafür eingesetzt, verschiedene Arten von Head-up-Displays (HUDs) für Anwendungen zu erstellen.
Was also bringt AR und warum investieren so viele Automobilhersteller Geld und Aufwand in diese Technologie? Im Gegensatz zur teuren Virtual Reality, die die gesamte Umgebung selbst generieren muss, wird bei der viel günstigeren Augmented Reality die physische Welt nur um einige virtuelle Elemente ergänzt. AR platziert 3D-Modelle in reale Situationen und fügt einen Kontext hinzu.
3D-Modelle können mithilfe von Markern oder Sensoren in die digitale Welt eingebettet werden.
Sowohl für Sensoren als auch für Marker ist es notwendig, Deep-Learning-Algorithmen für die genaue Erkennung von Objekten auf Echtzeitdaten zu trainieren.
Werfen wir einen Blick auf die Praxisbeispiele für Automotive-Lösungen und welche neuen Perspektiven sich daraus für OEMs, Zulieferer, Softwareentwicklungsunternehmen, Start-ups und Fahrer ergeben.
Neue Sicherheitsstandards sowie ein immer größerer Bedarf an Komfort und Luxus treiben den Automobilmarkt voran. Industrie 4.0 fordert zudem Nachhaltigkeit und die Berücksichtigung zukünftiger Folgen. Kein Wunder also, dass die Fahrzeuge Jahr für Jahr komplexer und anspruchsvoller werden. Stellen Sie sich ein modernes Auto vor. Es verfügt über mehrere Kameras, Dutzende von Sensoren, Mikroprozessoren und etwa 100 Millionen Zeilen Code. Infotainment-Systeme, die mit der Cloud verbunden sind, machen die Fahrzeuge von heute zu technologischen Wunderwerken auf Rädern.
Augmented Reality wiederum soll die Navigations- und Infotainmentsysteme verbessern und die Fahrzeugsicherheit erhöhen. Sie kann zum Beispiel die Navigation, den Abstandstempomat und den Spurhalteassistenten verbessern. Andere Beispiele sind AR-assistierte Armaturenbretter, Echtzeit-Straßenschilder und Unfallwarnungen sowie AR-Unterhaltungssysteme. Als Ergebnis erhält der Fahrer Informationen über die Umgebung und den Fahrbahnzustand in Echtzeit.
Die Invisible-to-Visible-Technologie (I2V) von Nissan stellt einen 3D-Raum um ein Fahrzeug herum dar. Sie ermöglicht eine AR-unterstützte Schnittstelle, die erstmals auf der CES 2019 vorgestellt wurde. Die Idee dahinter: Fahrer mit Echtzeit-Straßendaten zu versorgen und die manuelle Navigationshilfe intelligenter und sicherer zu machen. Daten aus den Fahrzeugen zeigen versteckte Gefahren oder unvorhergesehene Verkehrssituationen an.
Augmented-Reality-Anwendungen, die in Ausstellungsräumen eingesetzt werden, helfen Verkäufern, die Funktionalität von Autos anhand eines Headsets oder einer Smartphone-Kamera zu zeigen. Die Technologie ermöglicht eine Visualisierung vieler sich überlagernden Informationen: Innen- und Außenteile, Leistung, Gewicht und Finanzierung. Es ist möglich, diese Daten auf interaktive Weise zu präsentieren und sie immer aktuell zu halten.
AR-gestützte Anleitungen und Hinweise ersetzen problemlos lange und komplexe Handbücher. Handbuch-Anwendungen ermöglichen Autobesitzern den Zugriff auf Fahrzeugfunktionen, Wartung und Informationen zu Reparaturen per Smartphone oder Tablet.
Ein anschauliches Beispiel ist die AR-gestützte Virtual-Guide-App von Hyundai. Zunächst erkannte die Anwendung etwa fünfzig Fahrzeugmerkmale des Sonata 2015 und 2016. Heute unterstützt sie die Luxuslimousine Genesis mit Augmented Reality. Mit diesem Leitfaden erhalten Verbraucher Anleitungen für Reparaturen, Wartung und Fahrzeugkarosserie- und Motorteile. Durch 2D- und 3D-Tracking-Technologien gelangt man zu den detaillierten Informationen zu bestimmten Teilen.
Welche Pluspunkte bekommt man durch Augmented-Reality-Anleitungen in der Automobilindustrie?
Augmented Reality verbessert die Fertigungs- und Prüfvorgänge in der Fabrikhalle. Räumliche AR-Anwendungen unterstützen Designer beim Abgleich verschiedener Designoptionen mit physischen Fahrzeugmodellen. Techniker können über ihre AR-Brille Dokumentationen und Anweisungen erhalten, ohne abgelenkt zu werden. Die AR-gesteuerte Suche nach Teilen hilft den Mitarbeitern im Lager, schneller und effizienter zu werden.
Auch bei der Fahrzeugwartung ist erweiterte Realität hilfreich. Anstelle einer monotonen manuellen Suche können technische Mitarbeiter mit AR-Geräten Anlagen identifizieren, die gewartet werden müssen, indem sie deren Daten und Historie überprüfen.
Auch bei der Schulung von Fabrikarbeitern bietet AR einen leistungsstarken Vorteil. Augmented Reality in Verbindung mit Digital Twin-Technologie kann virtuelle Kopien von physischen Anlagen einführen, die helfen, den Schulungsprozess in der Fertigung zu automatisieren. Diese digitalen Modelle erleichtern den Schulungsprozess – die Mitarbeiter können interne Komponenten sehen, um zu lernen, wie man Fahrzeuge repariert und wartet. Ein Beispiel hierfür ist eine iPad-Schulungs-App, die von Jaguar Land Rover in Zusammenarbeit mit Bosch entwickelt wurde.
BMW gehört zu den ersten Anwendern von AR in der Produktion. Das Unternehmen nutzt Augmented Reality, um gelieferte Werkzeuge im Maschinen- und Anlagenbau in München zu prüfen. Die AR-basierte App hilft den Technikern, die zugehörigen Daten über jedes Werkzeug – seine Lochbohrungen und Oberflächenelemente – zu erhalten, bevor sie es einsetzen. Algorithmen blenden rund 50 Kriterien auf jedes aufgenommene Bild ein. Entspricht ein Werkzeug nicht den Vorgaben, besteht die Möglichkeit, es nachzubearbeiten, bevor es in den Montagebereich geschickt wird.
In der Fertigung unterstützen AR-Anwendungen die Techniker in vielerlei Hinsicht bei der Entwicklung und Wartung von Autos. Dank Augmented Reality kann man:
Chrysler, Porsche, Mitsubishi, Hyundai, Tesla und andere große OEMs treten mit AR-Anwendungen für ihre internen Bedürfnisse bereits aufs Gas. So ließ Tesla 2018 ein Google Glass-ähnliches AR-basiertes System für eine schnellere und genauere Fahrzeugproduktion patentieren. Das AR-Gerät erfasst eine Live-Ansicht eines Objekts, seines Typs und seiner Position und hilft Technikern, Echtzeitdaten über jede Komponente zu erhalten, an der sie arbeiten.
AR-Anwendungen werden allem Anschein nach Teil der Automobilindustrie bleiben. Sie breiten sich aus und entwickeln sich weiter. Es wird erwartet, dass der globale Markt für Augmented Reality in der Automobilindustrie im Jahr 2026 ein Volumen von 10 Mrd. US-Dollar erreichen wird.
Laut einem Bericht von Markets and Markets besteht das größte Segment in der Zukunft in fortschrittlichen AR-basierten Head-up-Displays (HUD) für Automotive-Apps. Informationen im Sichtfeld des Fahrers auf Windschutzscheiben sollen helfen, Unfälle zu vermeiden. OEMs wie BMW und Volkswagen bauen bereits AR-gestützte HUD-Systeme ein.
Die Sensorfusion ist die Schlüsseltechnologie für autonome und teilautonome Fahrzeuge – um die Datengenauigkeit für wichtige Sicherheitsanwendungen zu gewährleisten. Experten sagen auch ein schnelles Wachstum fortschrittlicher Display-Technologien wie OLED und AMOLED voraus, die üblicherweise in Fernsehbildschirmen oder Smartphones verwendet werden. Obwohl es Fragen hinsichtlich ihrer Haltbarkeit und Temperaturbeständigkeit für Fahrzeuge offen sind, werden lesbare und visuell ansprechende Bilder für fortschrittliche AR-basierte HUDs die Nachfrage antreiben.
Hohe Sicherheitsstandards, innovative Wettbewerber und neue Vorschriften in Zeiten von Industrie 4.0 erfordern von OEMs, ihren Zulieferern und Start-ups mehr digitalisierte Fahrzeugfunktionen und generell komplexere Autos. Zusammen mit IoT, KI, Computer Vision und Cloud-Technologien hilft Augmented Reality bei der Entwicklung wirklich intelligenter vernetzter Fahrzeuge. AR verbessert das Fahrerlebnis, wenn das Auto schon unterwegs ist, und optimiert Fertigungsprozesse, wenn es noch in der Fabrikhalle steht.
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