Die Zukunft der Landwirtschaft ist digital. Schlagworte wie Smart Farming oder Landwirtschaft 4.0 geben die Richtung vor. Dahinter stecken digitale Technologien, die landwirtschaftliche Betriebe effizienter und nachhaltiger machen. Für Landwirte bedeutet Smart Farming zum Beispiel: Arbeitsabläufe werden automatisiert und die Arbeit damit weniger monoton und einfacher zu steuern.
Warum ist die Digitalisierung der Landwirtschaft der Zukunft ein Muss?
Es steht zu viel auf dem Spiel, um so weiterzumachen, wie bisher. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf grüne Technologien in der Landwirtschaft 4.0 und zeigen, welches Potenzial Agrartechnologien (AgTech) bergen. Besonders Start-Ups mischen die Branche mit innovativen Ideen auf. Wir zeigen anhand von Praxisbeispielen, welche vielversprechenden Lösungen europäische Start-Ups für die Agrarindustrie entwickeln.
In Europa entwickelt sich die Start-Up-Szene im Bereich der Lebensmittel- und Agrarinnovation rasant. Auch die Investitionstätigkeit nimmt entsprechend zu: es wurden zahlreiche Maßnahmen zur Unterstützung von Start-Ups entwickelt, darunter Acceleratoren, Inkubatoren, Unternehmensinitiativen und staatliche Programme wie Horizont Europa. 2021 war ein Rekordjahr für AgTech: Laut Daten von Crunchbase wurden fast 5 Mrd. US-Dollar in VC-gestützte Start-Ups in dieser Industrie investiert. Das übertrifft bei weitem die 3,3 Milliarden US-Dollar aus dem Jahr 2020. Diese Zahlen weisen auf langfristiges, nachhaltiges Wachstum der Branche hin.
Was sind die Technologien, die den Agrarsektor am stärksten prägen werden? StatUs Insights analysierte 5290 Start-Ups im Bereich AgTech und ermittelte die Top-Technologietrends in der Landwirtschaft 2022. Hier ein kurzer Überblick:
Das sogenannte Smart Farming kommt bereits auf vielen Bauernhöfen und in zahlreichen landwirtschaftlichen Betrieben zum Einsatz. IoT-Lösungen bieten eine Alternative zu anstrengenden konventionellen Arbeitsweisen in der Landwirtschaft. Damit lassen sich Produktivität und Effizienz steigern.
Ein IoT-Gerät enthält einen oder mehrere Sensoren, die Daten über Bodentemperatur, Säuregehalt und Luftfeuchtigkeit erfassen, den Zustand von Pflanzen und Tieren beobachten, landwirtschaftliche Betriebe überwachen und vieles mehr. Die erfassten Informationen werden über spezielle Apps visualisiert. So können Landwirte ihre Ernte und ihren Viehbestand bequem vom Smartphone aus im Blick haben.
Start-Ups entwickeln innovative Sensorlösungen, die IoT-Technologie mit Drohnen, Robotern und Computerbildgebung kombinieren und erhöhen so die Agilität und Genauigkeit von Prozessen in der Landwirtschaft.
Das bulgarische Start-Up Agrila hat eine modulare IoT-basierte Sensorstation entwickelt, die die Erfassung wichtiger Parameter wie Bodenfeuchtigkeit und -temperatur, Windgeschwindigkeit und -richtung, Regen, Feuchtigkeit, Sonneneinstrahlung und vieles mehr ermöglicht. Die Station ist solarbetrieben und sendet Warnungen in Echtzeit über mobile Apps oder Webanwendungen. Darüber hinaus bietet die Lösung detaillierte Diagramme, Berichte und Analysen von Sensordaten.
Das Start-Up Brioagro wurde auf dem Land in Sevilla gegründet und widmet sich der Entwicklung von AgTech-Lösungen zur Bewässerung in der Landwirtschaft. Das System BrioAgro Aqua hat Sensoren für Feuchtigkeit, Leitfähigkeit und Bodentemperatur und erhält über sie in Echtzeit alle notwendigen Informationen über das Mikroklima im Inneren eines Gewächshauses. Aus all diesen Daten berechnet das System die passgenaue Menge an Wasser sowie den jeweils benötigten Dünger und stellt sie genau zur richtigen Zeit zur Verfügung. Die dadurch erreichten Einsparungen beim Wasserverbrauch betragen 20 % bis 50 %. Zusätzliche Einsparungen werden erzielt, da das System bei automatischer Bewässerung die Stunden mit reduzierten Stromtarifen nutzt.
Arbeitskräftemangel ist ein großes Problem für Landwirte, das sich bei der Bewirtschaftung großer Felder noch verschärft. Deshalb stellen Start-Ups Agrarroboter her, die Landwirte beim Pflücken, Ernten, Pflanzen, Umpflanzen, Verteilen von Pflanzenschutzmitteln, Säen und Jäten unterstützen. Zum Beispiel werden GPS-gestützte autonome und halbautonome Traktoren für die Ernte eingesetzt, die auch mit automatischer Lenkungstechnik ausgestattet sind, um die Navigation auf dem Feld zu erleichtern. Man nutzt Roboter auch für die Tierhaltung, zum Beispiel in Form von automatischen Waagen, Melkmaschinen, Fütterungsanlagen. Autonome Fahrzeuge im Weinanbau nehmen dem Winzer viel Arbeit ab und sorgen für höchste Produktqualität bei minimalem Ressourcenverbrauch, zum Beispiel beim Düngen der Pflanzen. Die Liste von Anwendungsbeispielen ist also lang.
Roboter ermöglichen es den Landwirten, sich stärker auf die Verbesserung der Gesamtproduktivität zu konzentrieren, ohne sich durch langsame Betriebsabläufe aufhalten zu lassen. Außerdem verhindern sie menschlich verursachte Fehler und bieten mehr Komfort durch Automatisierung.
VitiBot ist ein französisches Industrieunternehmen, das auf dem Markt der elektrischen Weinbergstapler tätig ist. Das Unternehmen begleitet die Winzer bei der Verbesserung der Bewirtschaftung ihrer Weinberge und bietet eine fahrerlose Lösung an – den selbstfahrenden Roboter Bakus. Das Einzigartige am Bakus ist die eigenständige Navigation und Hinderniserkennung. Acht präzise 3D-Kameras erlauben dem Roboter selbständiges Arbeiten in den Weinbergen: je zwei Kameras vorne, hinten und an den Seiten. Ein Algorithmus wertet die Bilder der acht 3D-Kameras aus und generiert daraus eine virtuelle 360°-3D-Szenerie.
Das spanische Unternehmen Faromatics hat mit seinem ChickenBoy einen Analyseroboter für die Hühnerhaltung entwickelt. Der ChickenBoy ist mit diversen Sensoren sowie mehreren Kameras ausgestattet und bewegt sich an einer Deckenschiene hängend durch den Stall. Der Roboter misst Klimaparameter im Hühnerstall und überwacht das Wohlergehen der Masthähnchen. Eine leistungsstarke Recheneinheit übernimmt mit komplexen KI-Algorithmen die Datenauswertung und stellt diese in visualisierter Form zur Verfügung. Landwirte und Tierärzte interagieren mit dem Roboter über mobile Benachrichtigungen oder über die Cloud-Plattform.
Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Landwirtschaft erhalten Landwirte Echtzeitdaten vom Feld und aus dem Stall. Dadurch können sie proaktiv handeln. KI macht Vorhersagen von Wetterdaten, Ernteerträgen und Preisen und hilft Landwirten so, fundierte Entscheidungen zu treffen. Chatbots machen den Landwirten Vorschläge und geben ihnen Empfehlungen. KI- und ML-Algorithmen automatisieren die Erkennung von Anomalien und Krankheiten bei Pflanzen und Vieh. Dadurch können rechtzeitig vorbeugende Maßnahmen getroffen werden. Auch die Biotechnologie setzt ML-Algorithmen für Empfehlungen zur Gen-Auswahl ein.
Start-Ups nutzen KI auf verschiedene Weise, um innovative Lösungen zu entwickeln, die die Qualität der Landwirtschaft insgesamt verbessern. Vom Pflanzenschutz über die Bestimmung des besten Erntezeitpunkts bis hin zur Überwachung der Produktivität von Herden und Nutzpflanzen gibt es zahlreiche Anwendungen.
Das niederländische Start-Up Connecterra hat ein auf künstlicher Intelligenz basierendes System entwickelt, mit dem Milchviehhalter ihre Herden genauer überwachen können. Die Kühe tragen Fitbit-ähnliche Sensoren, die ihre Bewegungen überwachen. Das System erkennt verdächtiges Verhalten – Kühe, die nicht so viel fressen wie üblich oder sich weniger als normal bewegen – und alarmiert die Landwirte. Mit dem System können Krankheiten wie Lahmen und Mastitis frühzeitig erkannt werden. Laut Connecterra kann das System den Einsatz von Hormonen in der Milchviehhaltung überflüssig machen und den Einsatz von Antibiotika um 50 % reduzieren.
Ask Attis ist ein belgisches Start-Up, das mit seiner App Planticus hilft, Krankheiten bei Pflanzen richtig zu diagnostizieren. Dank künstlicher Intelligenz identifiziert die App Krankheiten und erkennt Schädlinge an Pflanzen. Landwirten ist es so möglich, auf den Schädlingsbefall oder die Krankheiten zu reagieren, bevor Schäden auftreten. Indem es diese Identifizierungstechnologien und Lösungen zur Überwachung der Pflanzen anbietet, sorgt das Start-Up also für Lebensmittelsicherheit.
Die meisten Landwirte setzen Drohnen ein, um schnell hochauflösende Bilder von ihren Feldern zu erhalten. Viele dieser Fluggeräte sind so konzipiert, dass sie mit einer Software zusammenarbeiten, die aus den Luftaufnahmen eine hochauflösende Karte der Felder erstellt. Solche Kartierungssysteme können die Landwirte über Probleme in der Bewässerung, Bodenprobleme und Schädlingsbefall informieren. Mit diesen Daten lässt sich der Einsatz von Düngemitteln, Wasser, Saatgut und Pestiziden optimieren. Darüber hinaus werden Drohnen in Verbindung mit GPS-Technologie für die Beobachtung von Tierbeständen, Geofencing und Weideüberwachung eingesetzt.
Start-Ups arbeiten auch an Drohnen, die in der Lage sind, den Chlorophyllgehalt, den Unkrautdruck sowie die mineralische und chemische Zusammensetzung von Böden zu messen.
Das französische Unternehmen Delair hat die UX11 Ag, eine BVLOS-fähige Drohne mit einer Spezialkamera zur Kartierung von Pflanzen, entwickelt. Dank ihrer einzigartigen BTOL-Funktion (Bird-like Takeoff and Landing) kann sie in nahezu jeder land- und forstwirtschaftlichen Umgebung eingesetzt werden. Sie zeigt Bilder auch in Echtzeit auf dem Tablet des Landwirts an. Diese Lösung wird zur Unkrauterkennung sowie Pflanzen- und Bestandszählung eingesetzt.
Gamaya, ein schweizer Unternehmen, bietet Agronomielösungen, die auf hyperspektraler Bildgebung und künstlicher Intelligenz beruhen. Einer der Anwendungsfälle ist die Erkennung von Unkraut. KI-Algorithmen vergleichen den Unkrautbefall auf allen Parzellen, um die am stärksten betroffenen Felder zu bestimmen und die Reihenfolge der Arbeiten besser zu planen. So werden die stärker befallenen Felder früher bearbeitet, was zu einer wirksameren Unkrautbekämpfung führt.
In der Landwirtschaft strebt man mehr Nachhaltigkeit an. Das bedeutet, dass umweltfreundliche Methoden und Betriebsmittel eingesetzt werden, die keine oder nur minimale negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Ein Beispiel dafür ist die standortspezifische Pflanzenbewirtschaftung (SSCM), auch bekannt als Precision Farming oder Präzisionslandwirtschaft. Kurz gesagt geht es darum, dass Landwirte exakte Mengen an Betriebsmitteln wie Wasser, Pestizide und Düngemittel einsetzen, um die Qualität und Produktivität der Erträge zu steigern. Verschiedene Landstriche auf dem Feld haben unterschiedliche Bodeneigenschaften, sind in unterschiedlichem Maße Sonneneinstrahlung ausgesetzt oder sind in unterschiedlichen Hanglagen. Eine Gleichbehandlung aller Flächen ist daher ineffizient und führt zu Ressourcenverschwendung. Daher entwickeln viele Start-Ups Lösungen im Bereich Precision Farming, um die Rentabilität zu erhöhen und die Landwirtschaft gleichzeitig nachhaltiger zu machen.
Agricolus ist ein italienisches Start-Up, das zahlreiche Instrumente für Precision Farming entwickelt, um die Betriebsführung zu verbessern. Das Unternehmen setzt Satelliten und Drohnen ein, zur Berechnung von Parametern wie Vitalität, Wasserstress und Chlorophyllgehalt. Das Start-Up entwickelt auch Karten, die eine gezielte Ausbringung von Düngemitteln erleichtern. Darüber hinaus kann man mit der Lösung AgriPlug landwirtschaftliche Tätigkeiten verfolgen und Leistungen analysieren. Insgesamt optimieren die Lösungen die Produktion, indem die richtigen Betriebsmittel auf die optimale Art und Weise eingesetzt werden, und senken gleichzeitig die anfallenden Verwaltungskosten.
Das deutsche Start-Up FoldAI nutzt Energy Harvesting und optimiert den Stromverbrauch, um den Mangel an Energieinfrastruktur zu umgehen. Edge Computing in Form von eingebetteter KI optimiert dabei Sensorik und Kommunikation. Anstatt zentralisierte, teure Messgeräte zu verwenden, setzt das Unternehmen ein Netzwerk aus kostengünstigen Messknoten ein. Daten von allen Sensorknoten in allen Einsatzgebieten werden zusammen mit externen Quellen integriert, um zu lernen, wie Ökosysteme funktionieren. Das Ergebnis: Präzise Echtzeitinformationen zum Ökosystem werden in einer intuitiven Webanwendung dargestellt. Dies ermöglicht effektive Entscheidungsfindung.
Smart Farming steht für mehr Nachhaltigkeit und Effizienz. Durch digitalisierte Abläufe können Landwirte Zeit und Geld sparen. Das Smartphone wird zum Büro, in dem man auf einen Blick alle Abläufe trackt und optimiert. Setzt sich die Entwicklung der Landwirtschaft 4.0 weiter fort, kann auch die CO2-Bilanz mit smarter Technik weiter verbessert werden.
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