Je komplexer die Lieferkette ist, desto mehr Schwachstellen kann es geben. Selbst wenn Unternehmen schon seit Jahren mit ihren Lieferanten zusammenarbeiten, sind sie vor bösen Überraschungen in der Lieferkette nicht sicher. Warum Blockchain in der Logistik dieses Problem lösen kann, erklärt folgendes Beispiel.
Erinnern Sie sich noch an den EHEC-Skandal? Anfang Mai 2011 traten plötzlich gehäuft Erkrankungen mit dem enterohämorrhagischen Escherichia coli-Bakterium auf. 53 Personen starben infolge der Komplikation Hämolytisch-Urämischen Syndrom (HUS). Als klar war, dass die Erkrankten vor allem junge Frauen waren, die zuvor Salat verzehrt hatten, sahen das Bundesamt für Risikobewertung und das Robert-Koch-Institut nur eine Lösung: Sie warnten vor dem Verzehr roher Gurken, Tomaten und Blattsalaten.
Das Hamburger Hygiene-Institut konnte auf spanischen Gurken einen EHEC-Erreger nachweisen, doch schnell stellte sich heraus: Es handelte sich nicht um die gefährliche Variante, die für den Ausbruch verantwortlich war. Die Suche ging also weiter. Die Ermittler sammelten Lieferdaten von über 90 Lebensmitteln, Salate, Kräuter und Sprossen. Über die Rückverfolgung wurde klar: Die Erreger stammten von Sprossen von einem Biohof in einem niedersächsischen Landkreis. Die Warnungen vor Gurken, Tomaten und Salat wurden also aufgehoben; stattdessen wurde vor dem Verzehr der Sprossen gewarnt.
Doch woher die Verunreinigung kam, war lange unklar – bis man in Frankreich ähnliche Erkrankungsfälle auf Bockshornklee-Samen aus Ägypten zurückführen konnte. Die Samen wurden 2008 / 09 in Ägypten verunreinigt und ein Teil der Charge gelangte nach Niedersachen.
Nach ungefähr zwei Monaten konnte so die Warnung auf Bockshornklee-Sprossen beschränkt werden. Fast zwei Monate waren also vergangen, bis die Ursache für die Verunreinigung gefunden war. Zwei Monate, in denen die Gesundheit von Menschen gefährdet wurde.
Der Skandal hatte nicht nur für den Biohof gravierende Auswirkungen, er beeinträchtigte die gesamte Branche. Auch die eigentlich unbeteiligten Hersteller der fälschlich verdächtigten Lebensmittel litten unter schweren ökonomischen Einbußen und Imageverlust.
Hätte dieser Skandal anders verlaufen können? Ja, und zwar durch den Einsatz von Blockchain im Supply Chain Management. In diesem Artikel zeigen wir, wie Blockchain in der Logistik Unternehmen dabei hilft, genau diese Art von Problemen zu vermeiden. Wir stellen vier Blockchain-Beispiele für den Einsatz von Blockchain im Supply Chain Management vor.
Blockchain ist ein System, das Daten auf besondere Art und Weise speichert. Es zeichnet sie als separate Blöcke auf und versiegelt sie mit einer digitalen Signatur bzw. einem Hash. Außerdem enthält jeder Block eine digitale Signatur des vorherigen Blocks. Auf diese Weise sind die Blöcke wie eine Kette miteinander verbunden. Dieser Mechanismus sorgt dafür, dass eine Blockchain nicht manipulierbar ist: Einmal aufgezeichnet, können die Daten innerhalb eines Blocks nicht mehr verändert werden. Wie die Blockchain im Detail funktioniert, haben wir in diesem Artikel dargestellt.
Blockchain im Supply Chain Management sorgt für Transparenz und Rückverfolgbarkeit.
Blockchain sorgt für Transparenz und Rückverfolgbarkeit in Lieferketten. Die Technologie erfasst jedes Ereignis entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Sie enthält Daten zu Rohstoffen, Verarbeitung und Logistik. Mit anderen Worten: Blockchain bringt ans Licht, was in komplexen Lieferketten oft verborgen bleibt.
Außerdem kann Blockchain die Nachhaltigkeit der Lieferkette erheblich verbessern, indem es alle Rohstoffe und Komponenten des Produktes zurückverfolgt. Dies ist besonders wichtig für Unternehmen am Ende der Lieferkette und unterstützt die verschiedenen Branchen dabei, immer nachhaltiger zu werden.
Wie verschiedene Unternehmen bereits von Blockchain in ihrer Lieferkette profitieren, zeigen wir nun anhand von vier Blockchain-Beispielen.
Wenn der Verdacht besteht, dass von einem Lebensmittel eine Gesundheitsgefahr ausgeht, werden Lebensmittel zurückgerufen. Und das geschieht immer häufiger: Wurden laut Foodwatch 2012 noch 83 Lebensmittelwarnungen auf der zentralen Plattform lebensmittelwarnung.de veröffentlicht, waren es im Jahr 2022 bereits 311. In diesen Fällen müssen Lebensmittelkonzerne die betroffenen Produkte so schnell wie möglich aus dem Verkauf nehmen.
Das Problem dabei: Es ist gar nicht so leicht, die betroffenen Produkte ausfindig zu machen. Im Schnitt dauert es ca. zwei Monate, bis Lebensmittelhersteller alle Produkte zurückverfolgt haben. Und sogar noch länger, wenn wir von globalen Lieferketten sprechen.
Dieser unnötig lange Prozess schadet allen Unternehmen des Marktsegments. Wenn ein Rückruf bereits zu viel Schaden angerichtet hat, ist es nämlich fast unmöglich, einen Skandal zu verhindern. Und das wird selbst für Marken zum Problem, die einen einwandfreien Ruf haben. Aus Sorge um ihre Gesundheit werden die Verbraucher bei allen Produkten des Segments vorsichtig.
Blockchain in der Lieferkette hilft Unternehmen, schnell auf Rückrufe zu reagieren. Sie protokolliert alle Ereignisse, die Lebensmittel auf ihrem Weg in die Supermarktregale durchlaufen. So können Unternehmen fehlerhafte Produkte innerhalb von Sekunden ausfindig machen, Imageschaden vorbeugen, Kosten senken und Abfallmengen reduzieren.
Für das Projekt Block4Log haben sich 19 Unternehmen zusammengeschlossen, darunter Unternehmen aus dem Lebensmitteleinzelhandel wie Lidl oder Edeka, Hersteller und Lieferanten wie Henkel und Vitakraft sowie Logistikunternehmen wie DHL.
In einem ersten Schritt wurde die Kerninfrastruktur für den transparenten, digitalen und effizienten Austausch von Ladungsträgern entwickelt. So ist für jedes Unternehmen der Weg einer Ware innerhalb kürzester Zeit nachvollziehbar. Diese Kerninfrastruktur soll Ausgangspunkt sein, um später auch die Rückverfolgbarkeit von Waren zu beschleunigen und so Rückrufe schneller umzusetzen.
Diebstahl von Fracht bereitet Logistikunternehmen große Kopfschmerzen. Am beliebtesten bei den Angreifern sind Verbrauchsgüter, Fahrzeugteile und Haushaltselektronik. Weniger als 10 % davon werden wiederbeschafft. Dadurch entstehen den Logistikunternehmen Kosten. Außerdem verlieren sie ihren guten Ruf.
Beim Diebstahl von Ladung kann man zwei Arten unterscheiden: Den schnellen und den raffinierten. Die erste Art von Ladungsdiebstahl geschieht während des Transports. Hier sprechen wir vom Diebstahl unbeaufsichtigter Fracht und dem Diebstahl von Transportern. Die zweite Art erfordert akribische Planung und Recherche. Sie umfasst Identitätsdiebstahl, doppelblinde Betrügereien bei der Vermittlung und gefälschte Übergaben. Dies geschieht in der Regel bei Sendungen, an denen mehrere Parteien beteiligt sind und die eine komplexe Dokumentation erfordern.
Blockchain in der Logistik kann beide Arten von Betrug verhindern. Um Ladungsdiebstahl zu unterbinden, setzen Blockchain-Lösungen auf das Internet der Dinge (IoT). Sie zeichnen die Warenbewegungen auf, lokalisieren den Diebstahl und benachrichtigen das Logistikunternehmen und den Frachteigentümer über den Vorfall. Um die zweite Art des Frachtdiebstahls zu verhindern, überprüft und speichert die Blockchain die Logistikdokumentation. Dies macht es unmöglich, Dokumente zu fälschen.
Vault Security Systems nutzt Blockchain, um Logistikunternehmen gegen Frachtdiebstahl zu schützen. Ihr System ist mit IoT-Sensoren und GPS-Trackern ausgestattet. Es bestimmt und erfasst den Standort von Lieferungen zu jeder Zeit während des Transports oder der Lagerung. Im Falle einer außerplanmäßigen Bewegung oder Entfernung des Trackers sendet das Gerät Warnungen an den Betreiber. Das System kann auch um Sensoren zur Überwachung von Temperatur und Feuchtigkeit erweitert werden.
Bei einigen Produkten können schon kleinste Temperaturschwankungen die Qualität beeinträchtigen. Zu diesen Produkten zählen z. B. medizinische Produkte, chemische Reagenzien und Lebensmittel. Sie werden in der Regel in hochleistungsfähigen Isolierverpackungen transportiert, um mögliche Schäden durch Hitze- oder Kälteeinwirkung zu minimieren. In vielen Fällen reicht dieser Schutz jedoch nicht aus. Gravierende Schäden sind dann die Folge. So wird beispielsweise eines von fünf pharmazeutischen Produkten während des Transports durch eine Unterbrechung der Kühlkette beschädigt.
Die Gründe für eine Störung sind vielfältig. Kühlschränke können kaputt gehen oder durch Stromausfälle ausfallen; Fahrer lassen Kühlgeräte unbeaufsichtigt; oder sie lassen die Türen offen, wodurch das Gerät nicht die richtige Temperatur halten kann.
Blockchain in Verbindung mit IoT kann in all diesen Situationen nützlich sein. IoT-Sensoren verfolgen Standort, Temperatur und andere Parameter während des Transports. Blockchain zeichnet die Sensordaten auf, während sich das Produkt durch das gesamte Logistiknetzwerk bewegt. Dadurch erhalten die Unternehmen die volle Kontrolle über die Temperaturbedingungen während des Transports. Das bedeutet, dass sie Schwachstellen in der Kühlkette schnell finden und beheben können.
SkyCell nutzte die Blockchain und entwickelte intelligente Kühlcontainer für den Transport von Medikamenten, die mit IoT-Sensoren ausgestattet sind. Die Sensoren überwachen den Standort der Medikamente in Echtzeit von jedem Ort der Welt aus, sowie die Temperatur und Luftfeuchtigkeit, in der sie gelagert werden. Die Blockchain speichert außerdem alle Logistikdokumente für jeden Container in einem digitalen Logbuch. Diese Daten können nicht gelöscht oder manipuliert werden, und sie können als Beleg dienen.
Einer der Kunden von SkyCell nutzte die Lösung, um während der Pandemie Medikamente von Brüssel nach Mumbai zu transportieren. Damals wurden Flüge am Umsteigeort oft gestrichen, so dass die Medikamente am Flughafen gelagert werden mussten, bis eine alternative Route gefunden wurde. Dies dauerte in manchen Fällen Tage: Ein großes Problem, bei Außentemperaturen von +5°C bis +43°C… Mit der SkyCell-Lösung war es möglich, die Temperatur im Inneren der Container zwischen +3°C und +12°C zu halten. So konnten die Medikamente sicher nach Indien geliefert werden, wie durch die Blockchain bestätigt wurde. Der Einsatz dieser Technologie half finanzielle Verluste für das Unternehmen zu vermeiden und stellte die Sicherheit der gelieferten Medikamente sicher.
Die Auswirkungen eines Unternehmens auf die Umwelt beeinflussen mehr denn je den Ruf des Unternehmens und damit auch die Entscheidung von Investoren. Auch Verbraucher tendieren zum Kauf nachhaltiger Produkte, selbst wenn diese mehr kosten.
Um ein Produkt als "nachhaltig" kennzeichnen zu können, müssen die Unternehmen jedoch sicher sein, dass alle Rohstoffe und Komponenten des Produktes nachhaltig sind. Für Unternehmen, die sich am Ende der Lieferkette befinden, ist das nicht einfach und es wird immer schwieriger, je länger die Lieferkette ist.
Blockchain kann die Bemühungen von Unternehmen um mehr Nachhaltigkeit unterstützen. Die Technologie kann ein Lieferkettenmodell für jedes Produkt erstellen. Jeder Datensatz entlang der Blockchain enthält die notwendigen Daten zu dem jeweiligen Produkt. Außerdem wird jedes Ereignis und jeder Zustand aufgezeichnet. Bei einem Gemüse zum Beispiel werden die Daten von der Pflanzung über die Verarbeitung bis hin zum Transport aufgezeichnet. So können Unternehmen sehen, wie nachhaltig die Produkte, die sie kaufen wollen, wirklich sind.
Unilever will bis Ende 2023 eine Lieferkette ohne Entwaldung erreichen. Daher muss das Unternehmen wissen, wie nachhaltig seine Lieferketten wirklich sind. Die bestehenden Systeme für die Nachhaltigkeitszertifizierung reichen nicht aus, um diese Informationen zu liefern, daher beschloss das Unternehmen, Blockchain einzusetzen.
Es startete ein Pilotprojekt in Indonesien, um das von ihm gekaufte Palmöl zurückzuverfolgen. Die Lieferanten der ersten Meile erstellten digitale Token, die den Fluss des Palmöls durch die Lieferkette widerspiegelten. Auf diese Weise konnte Unilever Informationen über das Produkt erhalten, einschließlich der Bedingungen, unter denen es angebaut und geerntet wurde.
Blockchain im Supply Chain Management hilft Unternehmen dabei, ihre Lieferketten effizient zu verwalten. Die Technologie macht Lieferketten transparent und rückverfolgbar, und damit auch nachhaltiger. Dank Blockchain können Unternehmen so:
Wenn Sie Experten für die Entwicklung einer Blockchain-Lösung für die Lieferkette suchen, ist Softeq für Sie da. Wir können die gesamte Blockchain-Infrastruktur oder einzelne Elemente davon aufbauen, einschließlich Blockchain-Kern, Knoten oder Ökosystem-Anwendungen. Mit Softeq können Sie Blockchain in Ihr Unternehmen integrieren. Sie erhöhen so die Vertrauenswürdigkeit und schützen Ihren guten Ruf.