In den letzten Jahrzehnten verfolgten Automobilhersteller einen hardware-zentrierten Ansatz: Sie hatten separate Architekturen, Plattformen und modulare Baukästen für jede ihrer neuen Funktionen. Und auf die gleiche Weise reagierten Automobilhersteller auch auf die Herausforderungen der digitalen Transformation: Wie für traditionelle Domänen wurden für neue Bereiche wie Infotainment und Autonomes Fahren modulare Baukästen eingeführt. Doch mit neuen Generationen von Fahrzeugen und neuen Funktionen wuchs die Komplexität der Lösungen. Diese Komplexität ist schwierig zu meistern und führte zu Systemen, bei denen selbst kleine Änderungen enormen Aufwand und Kosten verursachen.
Als Reaktion auf diese Problematik begannen Autohersteller, eine neue Elektronik-Architektur für vernetzte Autos zu entwickeln. Damit einher gehen jedoch auch unumkehrbare Veränderungen innerhalb der etablierten Lieferketten. Wir zeigen Ihnen, wie sich dies auf die bestehende Hierarchie innerhalb der Lieferkette auswirkt, wer davon profitiert und warum jetzt der richtige Zeitpunkt für Innovationen ist.
Ein normales Fahrzeug verfügt über eine verteilte elektrische/elektronische (E/E) Architektur, die sich ihrerseits aus mehr als 100 elektronischen Steuergeräten (electronic control units, ECUs) zusammensetzen kann. Jedes Steuergerät ist für eine eigene Funktion verantwortlich. Ein Steuergerät verfügt über einen eingebetteten Mikrocontroller, der Aktoren steuert, Sensorsignale verarbeitet und mechanische Vorgänge steuert. ECUs sind über Drähte miteinander verbunden und unterstützen nur bestimmte Interaktionen. Da Hersteller die Funktionalität für neue Fahrzeuggenerationen erweitern, wird das Steuergeräte-Netzwerk immer komplizierter. Und die hohe Software-zu-Hardware-Integration innerhalb jedes Steuergeräts macht Automobilhersteller abhängig von ihren Zulieferern.
Die zentralisierte Architektur, ein neuer Ansatz für elektronische Architektur, hilft die Komplexität zu bewältigen und das Problem der Abhängigkeit von Zulieferern zu lösen. Bei dieser Art von Architektur werden mehrere verschiedene Rechnergruppen zu einem zentralen System mit speziellen Domain Control Units (DCUs) zusammengeführt. Dieses Design ermöglicht es, die Anzahl der einzelnen Steuergeräte zu reduzieren, Funktionen zu konsolidieren und den Kabelbaum zu vereinfachen.
Mit Blick auf die Software wird ein Auto immer mehr zu einer Softwareplattform, die unabhängig von der Hardware ein Ökosystem von Anwendungen unterstützt – genau wie ein Smartphone. Damit Steuergeräte auf der Software-Ebene miteinander kommunizieren können, sollten Software- und Hardware-Plattformen entkoppelt werden. Standardisierte Schnittstellen helfen dabei, Anwendungen und funktionale Software von Elektronik, Computing-Hardware und Betriebssystemen zu trennen. So entsteht Automobil-Software als Produkt und ermöglicht den Automobilherstellern eine schnelle Integration und Aktualisierung von Fahrzeugfunktionen.
Die neue Architektur wird die Wertschöpfungskette unwiderruflich verändern. Am stärksten wird der Einfluss auf die etablierten Tier-1-Lieferanten sein.
Etablierte Automobilhersteller sind Hardware-fokussiert. Sie sind nach „Domänen“ strukturiert, wie z. B. Karosserie, Fahrwerk, Antriebsstrang, Innenraum und so weiter. Bei diesem Ansatz sind Hardware und Software in einem einzigen Steuergerät hoch integriert und liegen in der Verantwortung der Tier-1-Zulieferer. Die Tier-1-Zulieferer wiederum vergeben Unteraufträge an Tier-2-Zulieferer, weitgehend nach eigenem Ermessen. Die nächstfolgende Ebene von Unterauftragnehmern ist für die übergeordneten Ebenen unsichtbar.
In der neuen Realität ist die Wertschöpfungskette in drei verschiedene Bereiche unterteilt: Software-Design und -Integration, Hardware-Design und -Integration sowie Hardware-Fertigung. Jetzt genießen Automobilhersteller eine höhere Transparenz. Sie können die Kostenstruktur überblicken und in direkte Verhandlungen mit Tier-2-Lieferanten treten.
Für Tier-1-Zulieferer bedeutet dies jedoch einen Verlust von Kontrolle und Wirtschaftlichkeit. Außerdem müssen sie nun eine größere Anzahl von Software- und Hardwarekomponenten von Drittanbietern verwalten, die direkt von den OEMs geliefert werden. Da Automobilhersteller eine größere Kontrolle über die Wertschöpfungskette übernehmen, verlieren Tier-1-Zulieferer allmählich ihr einzigartiges Wertangebot als Integratoren.
Das traditionelle Geschäftsmodell der Automobilelektronik für Tier-1-Zulieferer verschwindet und macht Platz für eine Vielzahl neuer Möglichkeiten. Tier 2 und Start-ups werden sie nutzen, um ihre Position in der Wertschöpfungskette zu stärken. Tier-1-Zulieferer werden versuchen, mit innovativeren Unternehmen zusammenzuarbeiten, um Kompetenz in der Software-Entwicklung zurückzugewinnen.
Wenn Sie planen, die Vorteile dieses sich verändernden Geschäftsumfelds zu nutzen und technische Beratung benötigen, wenden Sie sich an die Experten von Softeq. Unser Team hilft Ihnen dabei, ein Automotive-System neu zu entwerfen, die richtigen Hardware-Komponenten auszuwählen und das Design Ihrer Hardware-Lösung zu verifizieren.